„Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Und wissen Sie was? Hätte er sich was zu Schulden kommen lassen, wäre er trotzdem mein Freund“, sagte der Autor, Sänger und Texter Heinz Rudolf Kunze über Christian Wulff in „SWR1 Rheinland Pfalz Der Morgen“.
In einem Interview mit dem Radiosender hat Kunze über seine Freundschaft mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gesprochen. Sie beide hätten sich kennengelernt in einer Zeit, in der Christian Wulff noch in der Opposition zu Gerhard Schröder im Niedersächsischen Landtag saß. Wulffs offene Art habe ihn fasziniert und sein Image, ein steifer, spröder Mensch zu sein, treffe nicht zu: „Er ist ein humorvoller Mensch“, sagte Kunze.
Seit der Affäre habe sich in der Freundschaft zu ihm nichts verändert, aber der Mensch Wulff habe sich verändert: „Das geht ja nicht ohne Spuren an einem vorbei, wenn er alles genommen bekommt: sein Amt, seine Würde, seine Familie. Das kann einen Menschen nicht unbeeindruckt lassen, wenn man Kinder hat, die nur noch mit Angst und Tränen in die Schule gehen. Hätte ich in seiner Haut gesteckt, hätte ich bestimmt öfter den Weg zu den Tränen gefunden.“ Über seine Rücktrittsentscheidung habe Wulff auch mit ihm gesprochen. Wulff fühle sich von vielen Leuten seiner eigenen Partei sehr im Stich gelassen. Das habe ihn sehr enttäuscht, weil er auf seinem Weg zum Ministerpräsidenten auch vielen Leuten den Weg geebnet habe.
Zum bevorstehenden Prozess sagte Kunze: „Er wirkt sehr gefasst, er hat auch die Trennung von seiner Frau auf eine unglaublich gentleman-artige Weise verarbeitet, er spricht kein schlechtes Wort über sie.“ Vor einiger Zeit habe er sich richtig Sorgen um Christian Wulff gemacht: „Er war vor einem Jahr sehr, sehr angeschlagen und auch dramatisch abgemagert, inzwischen scheint er gefestigt und über’n Berg zu sein.“
Warum Christian Wulff sich den anstehenden Prozess überhaupt antue, könne er nachvollziehen: Weil er einen ordnungsgemäßen Freispruch haben wolle und nicht mit dem „Geruch“ leben wolle, er habe sich freigekauft. „Er ist der festen Überzeugung, dass der Bagatellvorwurf lächerlich und ungerechtfertigt ist“, so Kunze. Nach seinem Eindruck gehe Christian Wulff sehr zuversichtlich in die Verhandlung.
Der Sänger weiter: „Da wurde ein Mensch systematisch zerrüttet und zerstört, er selbst war einer der ersten, der zugegeben hat, dass er sich in einigen Dingen ungeschickt verhalten hat. Aber er hat sich nach seiner festen Überzeugung, und ich glaube ihm das, nichts wirklich Justiziables zu Schulden kommen lassen. Er hat Fehler gemacht. Er hat sich ungeschickt verhalten, aber es sind ja auch nach und nach alle anderen Vorwürfe fallen gelassen worden, und wenn man sich überlegt, dass die Recherche der Staatsanwaltschaft Hannover Millionen gekostet hat und es dann um einen Betrag von 700 Euro geht, dann denke man doch bitte mal an gewisse Bischöfe oder an gewisse Fußballpräsidenten und frage sich: ‚Hallo, wo leben wir eigentlich?'“
Das Interview mit Heinz Rudolf Kunze wird am Donnerstag, 14. November 2013 gegen 8.40 Uhr in „SWR1 Rheinland-Pfalz Der Morgen“ gesendet.