Nobelpreisträger Günter Grass kritisiert in einem Interview mit dem „Kulturjournal“ des NDR Fernsehens die Überwachung durch die USA und das Verhalten von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Außerdem beklagt er die Macht der Lobby in Berlin und Brüssel.
In dem Interview anlässlich des 50-jährigen Jubiläums seines Romans „Hundejahre“ sagte er dem „Kulturjournal“ (Sendung: Montag, 25. November, 22.45 Uhr, NDR Fernsehen): „Heute würde ich nicht von Hundejahren sprechen, sondern von Drohnenjahren. Wir sind in einem derart überwachten Zustand – das verkörpert sich in der Drohne, bewaffnet oder unbewaffnet – , wie wir es in den zurückliegenden Jahrzehnten, selbst zu Stasi-Zeiten, nicht erlebt haben. Das sind Kinkerlitzchen gegen das, was die Vereinigten Staaten von Amerika sich selbst, ihren eigenen Bürgern und uns zumuten. Und es ist ein Skandal, dass die Bundeskanzlerin nicht den Mut hat, von unserer Souveränität Gebrauch zu machen und uns vor diesem Rechtsbruch zu schützen.“
In seinem Roman „Hundejahre“ geht es u. a. um die Bonner Republik der Adenauer-Zeit. Zur heutigen politischen Situation sagt Günter Grass: „Die Macht der Lobby hat so überhandgenommen, nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel, so dass wir kaum noch politische Entscheidungen im Parlament erleben, die frei sind vom Einfluss der Lobby. Und das ist eine Aushöhlung der Demokratie: Es ist nicht ein äußerer Feind, es sind nicht die Taliban oder Terroristen, die uns gefährden, nein, wir sind es selber, indem wir das zulassen.“
Das Interview mit Günter Grass fand am Donnerstag, 21. November, in Lübeck statt. Dort las er im Günter Grass-Haus anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „50 Hundejahre“ aus seinem 1963 erschienenen Roman. Das „Kulturjournal“ berichtet am Montag, 25. November, auch über die Ausstellung.